Mit Kindern in der Familie und Gemeinde
20. Februar 2020Immer nach Lust und Laune
20. Februar 2020Junge Eltern bereiten sich mit großer Vorfreude auf die Geburt des ersten Kindes vor. Heute macht es besonderen Spaß, all die niedlichen Sachen zu kaufen, zwischen vielen schönen Kinderwagen zu wählen und ein Babybett mit allerlei funktionellen Ideen zu bestellen. Aber um diese Dinge soll es im folgenden Artikel nicht gehen. Dies alles gehört zur Ver-sorgung eines Kindes. Uns möge es heute um die Um-sorgung gehen.
Ein Sprichwort sagt: Was man nicht mit Geld bezahlen kann, ist am teuersten. So ist es auch mit den Kindern. Ob die Babysachen aus der Boutique sind oder dem Second-Hand-Laden, der Kinderwagen ein aktuelles Designermodell ist oder schon kleine Vorbesitzer hatte – das ist dem Baby egal, solange alles ordentlich, sauber und ungefährlich ist.
Was Kinder am dringendsten brauchen, zeigt ein Experiment, das Friedrich II. zugeschrieben wird. Dieser wollte die „Ursprache“ finden und hat mehrere Säuglinge von der Außenwelt isoliert und ihren Ammen befohlen, die Kinder zwar zu stillen und sauber zu halten, aber weder mit ihnen zu sprechen noch sie zu liebkosen oder ihnen sonstige Zuwendung zuteilwerden zu lassen. Diese Kinder sind aufgrund der mangelnden menschlichen Zuwendung frühzeitig gestorben. Heute würde man wahrscheinlich sagen, die Kinder litten an einer anaklitischen Depression, ausgelöst durch den Mangel an liebevoller Zuwendung.
Diese Geschehnisse um Friedrich II. sind zwar nicht genau belegt, aber folgende Untersuchung stützt die Glaubwürdigkeit des Sachverhalts. Der Kinder- und Jugendpsychologe Dr. Marc Schmidt untersuchte 689 Heimkinder und stellte fest, dass 60% von ihnen klinische Diagnosen im Sinne der Kinder- und Jugendpsychiatrie aufwiesen. Fast ein Drittel dieser Heimkinder war so schwer gestört wie 2% ihrer Altersgenossen der Allgemeinbevölkerung. (nach Marc Schmid, Psychische Gesundheit von Heimkindern, Juventa Verlag Weinheim und München, S. 13)
Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich die aufopferungsvolle Arbeit der meisten Erzieher in den Kinderheimen sehr schätze. Dennoch glaube ich sagen zu dürfen, dass ein Kinderheim immer nur ein letzter Ausweg und eine Notlösung ist und ein liebevolles Elternhaus nicht ersetzen kann.
Was genau ist für unsere Kinder so existenziell wichtig?
Fachleute aus dem Bereich der Familientherapie haben das Hauptmerkmal für die Qualität der familiären Beziehung, also quasi der Nestwärme, gefunden:
Die wahrgenommene Unterstützung.
Dabei werden vier Unterstützungsarten hervorgehoben:
Diese vier Punkte möchte ich weiter aufschlüsseln und verständlich machen.
- die emotionale Unterstützung
- das respektvolle, unterstützende Verhalten
- Kommunikation und Informationsaustausch
- Übereistimmung von Zielen und Ideen
(nach http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/JUGENDALTER)
- Du bist ein Wunschkind!
„Kinder sind eine Gabe des Herrn, und Leibesfrucht ist ein Geschenk.“ Psalm 127,3
Unsere Kinder haben immer sehr gern die Geschichten um ihre Geburt gehört. Dass wir uns riesig auf sie freuten und ganz aus dem Häuschen waren, als wir sie endlich im Arm halten durften, ist ihnen sehr wichtig. Dabei spielt es keine Rolle, das wievielte Kind es ist. Wer von den längst erwachsenen Lesern wüsste nicht gern, dass er ein Wunschkind ist?
Mich haben die Worte einer kürzlich verstorbenen älteren Glaubensschwester bewegt, die mir einmal beschrieb, wie glücklich sie war, als sie endlich ihren Sohn und ihr kleines Mädchen hatte. Das hat diese Mutter nie vergessen. Es ist so wichtig, dass wir unseren Kindern von unserer Freude erzählen.
Natürlich gibt es auch andere Biografien: eben keine Wunschkinder, Adoptiv- oder Pflegekinder. Aber auch da müssen wir erzählen: Gott hat dich gewollt! Adoptiv- und Pflegeeltern werden auch viel zu erzählen haben, wie sehr sie sich freuten, dass das oder die Kinder endlich zur Familie gehörten. - Ich habe dich uneingeschränkt lieb!
„Wenn du eine gute Note in der Mathearbeit bekommst, haben dich Mutti und Papi ganz doll lieb!“ Dieser Satz ist vielleicht gut und motivierend gemeint, aber äußerst belastend für das Kind. Was ist mit der 5 in Mathe? Haben wir dann ein Kind weniger lieb? Ein Kind muss wissen, dass es auf ein Fundament der Liebe bauen kann – unabhängig von seiner Leistung. „Ich habe dich lieb, aber ich bin traurig, dass du nicht für die Mathearbeit geübt hast.“ ist eine Aussage, die nicht an der Beziehung zum Kind rüttelt und dennoch erzieherisch wirkt. Noch wichtiger wird es, der Liebe Ausdruck zu geben, wenn trotz Übens keine gute Note erzielt wurde. Hier wird jeder sein Kind kennen. Sich über eine erkämpfte 3 freuen und bei einer 5 zu trösten, kann auch elterliche Liebe ausdrücken.
Wird das Bedürfnis nach Achtung, Liebe und Anerkennung nicht gestillt, kann z. B. eine Essstörung drohen, an der über eine halbe Million junger Mädchen und Frauen leiden, aber zunehmend auch Männer. Essstörungen haben viele Ursachen. Nicht immer spielt die familiäre Situation eine Rolle, aber die Familie kann generell viel dafür tun, dass sich junge Menschen ernst- und wahrgenommen fühlen. (nach http://www.schoen-kliniken.de/ptp/medizin)In den Schriften von E.G. White finden wir einen Brief an eine Frau:
„In deiner eigenen Familie ist vieles korrekturbedürftig. Du hast versäumt, deinen Kindern die Aufmerksamkeit und Ermutigung zu geben, die sie brauchen. Du hast sie nicht mit Banden zärtlichster Liebe an dein Herz gebunden.“ (Zeugnisse Band 4, S. 152)
Wie bei allen Dingen, können liebende Eltern auch hier in Übertreibungen abgleiten. Ich kenne Eltern, die ihre Kinder ausschließlich gelobt haben und das wohl als Liebesbeweis verstanden – das tat den Kindern nicht gut. Im Normalfall reicht der gottgegebene gesunde Menschenverstand schon aus, um nicht in Extreme zu verfallen. „Wenn es aber jemand an Weisheit mangelt, der bitte Gott …“ Jakobus 1,5 - Ich nehme dich in den Arm!
Ich ertappe mich oft dabei, wie ich Eltern mit ihren Kindern beobachte, vorwiegend in Geschäften oder auf der Straße. Dabei tun mir die Kinder oft leid, aber auch die Eltern, denn offensichtlich fehlt manchen der „Draht“ zu ihren Kindern. Das ist nicht verwunderlich, denn der schwerste Beruf, Eltern zu sein, soll ohne Ausbildung und oft genug so nebenbei funktionieren. In Zeiten der Großfamilien, die unter einem Dach lebten, war es sicher leichter, sich erzieherische Tricks abzuschauen. Inzwischen reagieren die Medien verstärkt auf diesen Mangel.Mir ist aufgefallen, dass wenig getröstet wird. Ich beobachtete einmal eine junge Mutter mit ihrem kleinen Sohn, der noch sehr wackelig auf den Füßen war. Er stürzte mehrfach sehr derb auf dem gepflasterten Fußweg. Die Mutter war offensichtlich sehr darum bemüht, „einen ganzen Kerl“ aus ihrem Sohn zu machen, der ja nicht weinen durfte. In den Arm nehmen? Fehlanzeige. Sicher, man soll die Kleinen nicht verhätscheln. Trotzdem weiß ich von zu vielen Kindern, die kaum „Streicheleinheiten“ bekamen.
Wir dürfen die Ausdrücke „einander den Rücken stärken“ und „sich nahe sein“ auch wörtlich nehmen. Der verständnisvolle Blick, die kurz gedrückte Hand, eine kleine Umarmung oder eine tröstende Hand auf der Schulter – all dies ist wichtig, auch bei großen Kindern, ja auch bei Erwachsenen. Wo diese Dinge fehlen, entsteht ein Mangel.
Von Jesus wissen wir, dass er sich der Kinder in liebevoller Weise annahm. Lukas 18,16 „In vielen Familien wird es versäumt, dass man seine Gefühle füreinander ausspricht. Es ist nicht nötig, sich der Gefühlsduselei hinzugeben. Aber es ist notwendig, Liebe und Zuneigung in einer einfachen, ehrlichen und passenden Form mitzuteilen. Viele bekunden deutliche Hartherzigkeit in Wort und Tat und zeigen damit die satanischen Charakterfehler. Zwischen Eheleuten, Eltern und Kindern, Brüdern und Schwestern sollte immer eine liebevolle Zuneigung bestehen. Jedes hastige Wort sollte überlegt werden. Es sollte nicht einmal den Anschein geben, dass es an der Liebe zueinander fehlt. Jeder in der Familie hat die Pflicht, liebenswürdig zu sein und sich eines freundlichen Tones zu befleißigen.“ (E.G. White, Orientierung für das Leben, IMG, Edelstein-Verlag 2010, S. 70) - Ich nehme mir Zeit für dich!
Irgendwie schreit heutzutage alles: „Ich bin wichtig! Es eilt!“ Da können wir schon mal ins Schwimmen kommen, wenn wir unsere Prioritäten setzen müssen. Wer Kinder hat, hat schon die Prioritäten gesetzt! Obwohl Kinder auch lernen müssen, altersentsprechend sich zu beschäftigen, der Fürsorge zu entwachsen und Geduld zu haben, müssen sie dennoch wissen: „Meine Eltern haben Zeit für mich! Ich kann mit jedem Kummer zu ihnen kommen! Sie unterhalten sich gern mit mir!“
„Der Herr wird nicht verherrlicht, wenn die Kinder vernachlässigt und übergangen werden… Sie brauchen mehr als gelegentliche Aufmerksamkeit, mehr als ein Wort der Ermutigung. Sie brauchen gewissenhafte, sorgfältige Arbeit und viel Gebet. Ein Herz, das voller Liebe und Verständnis ist, wird die Herzen der Jugendlichen erreichen, auch solcher, die anscheinend gleichgültig und hoffnungslos sind. (E.G. White, Wie führe ich mein Kind? S. 305)
„Beschäftigt euch mit euren Kindern und spielt mit ihnen. Verbringt einen Teil eurer freien Zeit mit euren Kindern. Gesellt euch zu ihnen bei ihrer Beschäftigung und bei ihren Spielen und gewinnt ihr Vertrauen. Pflegt die Gesellschaft mit ihnen.“ (E.G. White, Orientierung für das Leben, IMG, Edelstein-Verlag 2010, S. 127) - Ich weiß, wie alt du schon bist!
Das scheint besonders schwierig zu sein. Kleine werden überfordert und große wie kleine Kinder behandelt. Eltern, die staunend und stolz das Größerwerden ihres Nachwuchses beobachten, sollten auch ihr Wachstum als Eltern im Blick haben. Jede Phase im Zusammenleben mit unseren Kindern, ist einzigartig, wunderbar und erfordert einen speziellen Umgang.
An dieser Stelle möchte ich auch besonders an erwachsene Kinder denken. Was sind wir füreinander? Die gängigen Klischees sprechen von den „ewig dummen Kindern“ und den „neunmalklugen Alten“. Wer mit dem 18. Geburtstag einen Knall in der Eltern-Kind-Beziehung erwartet, wird Probleme bekommen. Schon lange vorher wandelt sich die Fürsorgerolle in ein zunehmend partnerschaftliches Miteinander, das nicht weniger von Liebe und Respekt getragen wird. Erwachsenen Kindern ein liebevolles, verständnisvolles, begleitendes und beratendes Gegenüber zu sein, bedarf etwas Übung. Aber es ist eine Frage der Einstellung, wie wir uns gegenseitig wahrnehmen und verständigen wollen.
Kürzlich las ich einen Artikel darüber, wie Teenager mit ihren Eltern umgehen sollten. Ich war erst etwas negativ eingestellt. Wie kann man es wagen, die Eltern in Schranken zu weisen und kindliche Ansprüche deutlich zu formulieren? Beim Lesen wurde mir aber schnell klar, dass eigentlich selbstverständliche Dinge von den Eltern erbeten wurden: Freundlicher Umgangston, Anklopfen beim Zimmereintritt, die Kinder vor deren Freunden nicht bloßzustellen oder sich über ihr Aussehen nicht lustig zu machen.
Wir gehen immer davon aus, dass die Eltern Forderungen an die Kinder haben. „Bedenkt, dass Kinder ebenfalls Rechte haben, die beachtet werden müssen.“ (E.G. White, Orientierung für das Leben, IMG, Edelstein-Verlag 2010, S. 128) Es darf nicht so weit kommen, dass ein Kind nicht mehr offen über alles mit seinen Eltern sprechen kann. Ein Kind, egal in welchem Alter und auch als erwachsenes Kind, sollte sich auf Gespräche und Begegnungen mit seinen Eltern freuen können.„Wenn die Kinder mit ihren Eltern vertrauter lebten, wenn sie mehr Vertrauen zu ihnen hätten und mit ihren Freuden und Leiden zu ihnen kämen, dann könnte ihnen manches Herzeleid erspart bleiben. Und wissen sie einmal nicht aus und ein, dann sollten sie ihre Angelegenheit so, wie sie sie sehen, ihren Eltern vortragen und ihren Rat einholen. Wer ist geeigneter, auf die Gefahren hinzuweisen, als fromme Eltern? Wer versteht die besonderen Eigenarten der Kinder besser als sie? Junge Christen werden die Liebe und Billigung ihrer gottesfürchtigen Eltern über alle irdischen Segnungen schätzen. Die Eltern können mit den Kindern mitfühlen, für sie und mit ihnen beten, damit der Herr sie schützen und leiten möge. Vor allem aber können sie die Kinder dem unfehlbaren Freund und Ratgeber zuführen.“ (ebd. S. 200) - Ich möchte dir Nestwärme schenken!
„Nestwärme bezeichnet im biologischen Kontext eine Mindesttemperatur, die in einem Nest herrschen muss, damit sich das Gelege entwickeln und reifen kann. Im übertragenen Sinn ist ‚Nestwärme‘ das Gefühl von Geborgenheit, Vertrauen, Zuwendung und Geliebt-Sein, welches ein Kind in der Familie oder bei Verwandten findet.“ (Wikipedia)
Ich habe eine Zeit lang in einer Kinderkrippe gearbeitet. Schon sehr früh, in Kälte und Dunkelheit, wurden die Kleinen von ihren Müttern gebracht. Wie kleine, aus dem Nest gefallene Vogelbabys kamen mir diese Kinder oft vor. Ich weiß, dass die Mütter oft keine andere Möglichkeit sahen. Dennoch hätte ich mir für die Kleinen mehr Nestwärme und Mütter mit mehr Zeit gewünscht.
Aber Nestwärme ist noch viel mehr als gemütlich ausschlafen dürfen, gemeinsam fröhlich frühstücken und mit munteren Plänen in den Tag starten. Interessanter Weise wird Nestwärme oft erst wahrgenommen, wenn sie fehlt. Wenn wir und unsere Kinder gern nach Hause kommen, wenn wir glücklich die Haustür aufschließen, wenn wir diesen Ort als Zuflucht und wirkliches Heim empfinden, dann fühlen wir uns in unserem „Nest“ geborgen. Bedenkt, wie mühevoll Vogeleltern ihren Kindern das Nest bauen und erhalten. Auch bei den Menscheneltern geht das nicht von allein.„Lasst eure Kinder in einer heiteren Umgebung aufwachsen. Die Kleinen müssen sorgfältig besänftigt werden, wenn sie Kummer haben. Gewöhnlich werden Kinder, vom Säuglingsalter an bis sie Mann oder Frau geworden sind, nicht so beachtet, wie es sein sollte. Wir brauchen Mütter, die ihre Kinder so behandeln, dass sie sich selbst als Teil der Familie fühlen. Die Mutter sollte mit den Kindern über ihre Hoffnungen und Probleme sprechen. Eltern sollten daran denken, dass ihre Kinder Fremden gegenüber Vorrang haben. Sie sollten unter der Fürsorge der Mutter in einer heiteren Umgebung aufwachsen.“ (ebd. S. 120) - Ich möchte dir deinen himmlischen Vater nahebringen!
Was genau wollen wir unseren Kindern vermitteln? Wir möchten gern, dass sie sich von Gott geschaffen, geliebt und geführt sehen. Mit all ihren großen und kleinen Sorgen, mit Freude und Dank sollen sie zu Ihm kommen. Wir wünschen uns Kinder, die in Gott Sicherheit und Geborgenheit empfinden, die fröhlich ihren Glauben ausleben und mutig dafür einstehen. – Das alles muss zuerst in den Eltern sichtbar werden!
„Kinder sind ein Erbteil des Herrn. Wir sind ihm für sein Eigentum verantwortlich. Die eigenen Kinder zu Christen zu erziehen, ist der höchste Dienst, den Eltern Gott erweisen können. Allerdings verlangt es lebenslange, geduldige Arbeit und Mühe. Diese anvertraute Aufgabe versäumen heißt, ungerechter Haushalter zu sein. … So müssen auch die Eltern in Liebe, Glauben und Gebet für ihre Familie wirken, bis sie einmal voller Freude zu Gott sprechen können: ,Siehe, hier bin ich und die Kinder, die mir der Herr gegeben hat.’“ (ebd. S. 111)
„Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt!“ 1.Johannes 4,19
In diesem Sinne wünsche ich allen Eltern Freude mit ihren großen und kleinen Kindern. Gott segne Eure Familien!