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1. April 2023
Warum Reformgemeinde?
15. August 2023Gottes Wirken an seinem erwählten Volk, Israel, ist der Hauptinhalt der alttestamentlichen Geschichte. Treue zu Gott und Abfall, Gehorsam und Ungehorsam, Segen und Fluch bilden die Höhen und Tiefen des Verhältnisses Israels zu seinem Gott. Das lange Warten auf den Messias hätte in der Erfüllung der Prophezeiungen für alle Juden gipfeln können. Doch „Er kam in sein Eigentum und die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ (Johannes 1,11) Jesus Christus, Gottes Sohn, wurde in Bethlehem geboren – in seinem jüdischen Volk. Doch eben diese Juden lehnten Jesus mehrheitlich als ihren Messias ab und ließen ihn kreuzigen. Auch die Nachfolger Jesu blieben jüdisches Angriffsziel. Die Steinigung des Stephanus beschreibt einen Tiefpunkt jüdischen Glaubens und Handelns gegen das offenbarte göttliche Wirken. (Vgl. Apostelgeschichte 7, 54-60.)
Auf diese tragischen Fehleinschätzungen der Juden, was Gott von ihnen erwarten würde und was nicht, was er seinen Kindern hätte schenken und wovor er sie hätte bewahren wollen, lässt Christen noch heute fassungslos mit den Fragen zurück: Sind die Juden noch immer Gottes erwähltes Volk? Wird Israel wieder in den Stand gehoben, etwas Besonderes für Gott zu sein? Werden alle Juden irgendwann Jesus Christus auch als ihren Messias erkennen oder werden sie auch ohne die Annahme des Sohnes Gottes gerettet?
Die sogenannte „Zwei-Wege-Lehre“ vertritt die Ansicht, Juden könnten gerettet werden, wenn sie weiterhin am Alten Bund festhielten und das alttestamentliche Zeremonialgesetz praktizierten. Die Annahme Jesu beträfe nur die Heiden, so die dazugehörige Meinung. (Vgl. https://bibelbund.de/2015/02/israels-heilsgeschichtliche-gegenwart-und-zukunft/ Aufruf: 31.1.21) Jesus selbst widerlegt diese These: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich“ (Johannes 14,6) Christus beschrieb nie einen anderen Weg, speziell den Juden vorbehalten. „Ich bin die Tür. …“ (Johannes 10,9) sagte Jesus. Eine Hintertür, für wen auch immer, nennt die Bibel nicht.
Israel im Römerbrief
Der Römerbrief geht diesen Fragen zur neutestamentlichen Stellung Israels nach und sucht nach Antworten.
Paulus diktiert seinen Brief an die Gemeinden in Rom seinem Sekretär Tertius wahrscheinlich im Frühjahr 56 n. Chr.
(Vgl. https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/ roemerbrief/ch/ 971574b925f3a365fe2c6b89b56b65a8/ Aufruf: 31.1.21)
Der Stadtteil Roms nahe des Hafens Ostia Antica ist als das traditionelle Judenviertel seit dem 2. Jh. V. Chr. bekannt. Dort und in einem südlicheren Stadtteil wurden die ersten größeren christlichen Ansiedlungen nachgewiesen. „Die Juden lebten in Rom in mehreren, insgesamt mindestens vierzehn Synagogengemeinschaften (Lampe, 1989 367f.), von denen fünf bereits für das 1. Jh. n. Chr. belegt sind.“(Ebd.)
Die Frage der Gotteskindschaft durchzieht mehrere Kapitel des Briefes. Das lässt vermuten, dass dieses Thema zwischen den Juden, die Christus annahmen, und den Heiden, die sich zu Christus bekannten, ein brennendes Gesprächsthema war. Judenchristen und Heidenchristen – welche Stellung, Rangfolge im Erlösungsgeschehen und welches Ansehen bei Gott haben diese beiden Gruppen?
Während sich die Heidenchristen auf ihre Entscheidung für Christus beriefen, bestand offenbar die Gefahr des Herabblickens auf ein Volk, das seinen Messias verwarf, auch wenn einzelne zu Judenchristen wurden. Was letztlich Paulus versuchte, ist ein Verbinden dieser Positionen.
Der Positionsverlust Israels
Die Bibelworte sind eindeutig:
„… Denn nicht alle sind Israeliten, die von Israel stammen. … Israel aber, das dem Gesetz der Gerechtigkeit nachjagte, hat das Gesetz nicht erreicht. Warum das? Weil es die Gerechtigkeit nicht aus Glauben suchte, sondern als komme sie aus Werken. Sie haben sich gestoßen an dem Stein des Anstoßes, wie geschrieben steht (Jesaja 8,14; 28,16): »Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Fels des Ärgernisses; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden.«“ (Römer 9, 6, 31-33 Lu 17)
Die Bibel lässt keinen Raum für die Annahme, das Volk Israel bedürfe keines Jesus Christus.
„Petrus, voll des Heiligen Geistes, sprach zu ihnen: Ihr Oberen des Volkes und ihr Ältesten! … so sei euch allen und dem ganzen Volk Israel kundgetan: Im Namen Jesu Christi von Nazareth, den ihr gekreuzigt habt, den Gott von den Toten auferweckt hat; durch ihn steht dieser hier gesund vor euch. Das ist der Stein, von euch Bauleuten verworfen, der zum Eckstein geworden ist. Und in keinem andern ist das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden.“ (Apostelgeschichte 4,8-12)
Aus dem biblischen Gesamtkontext heraus ist zu betonen, dass es keine Kollektiverlösung gibt aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Nation oder sonstigen Gruppe. Jeder wird persönlich Rechenschaft ablegen müssen. (Vgl. Matthäus 12,36.) Über jedes Leben wird Bericht geführt. Im Buch des Lebens stehen einzelne Namen. (Vgl. Offenbarung 3,5.) Demnach wird weder das Volk Israel, noch ein „Volk der Heidenchristen“ gerettet.
Die Souveränität Gottes und der Auftrag seiner Kinder
Paulus weist beide, die Judenchristen wie die Heidenchristen, in ihre Schranken und wiederholt die Worte des Herrn aus dem Alten Testament: „Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.“ (2. Mose 33,19 – Römer 9,15) und folgert: „So erbarmt er sich nun, wessen er will, und verstockt, wen er will. … Ja, lieber Mensch, wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst? Spricht auch ein Werk zu seinem Meister: Warum machst du mich so? “ (Römer 9,18.20) Was letztlich Gott von beiden wollte, ist „damit mein Name auf der ganzen Erde verkündigt werde. … Dazu hat er uns berufen, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Heiden.“ (Römer 9,17.24 Lu 84)
Israels Zustand
Was die Heiden als Gottesgeschenk annahmen, nämlich Christus, war zuvor schon dem Volk Israel angeboten worden. Paulus zitiert hier die Worte des Propheten Jesaja (65,2): „Den ganzen Tag habe ich meine Hände ausgestreckt nach dem Volk, das sich nichts sagen lässt und widerspricht.“ (Römer 10,21)
Paulus zeigt deutlich, dass Israel nicht als Nation auf die Erwählung als Geburtsrecht bauen kann, sondern „… dass einige übriggeblieben sind nach der Wahl der Gnade. … Was Israel sucht, das hat es nicht erlangt; die Auserwählten aber haben es erlangt.“ (Römer 11,5.7)
Der Apostel schreibt über seinen Herzenswunsch für Israel: „dass sie gerettet werden.“ (Römer 10,1) Dafür betet er zu Gott. „Große Traurigkeit und Schmerzen ohne Unterlass in meinem Herzen“ (Römer 9,2). So sieht es in Paulus aus, wenn er auf Israels Erwählung schaut: „Sie sind Israeliten, denen die Kindschaft gehört und die Herrlichkeit und die Bundesschlüsse und das Gesetz und der Gottesdienst und die Verheißungen.“ (Römer 9,4, Lu 17)
Wie aber kann die Rettung Israels aussehen? Paulus lässt keinen Zweifel daran: Ohne die Annahme Christi wird keine Erlösung möglich sein:
„Denn wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und glaubst in deinem Herzen, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. … Wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden. Es ist hier kein Unterschied zwischen Juden und Griechen; es ist über alle derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen.“ (Römer 10,9.11.12)
Israel, das als Volk den Heiland nicht annahm, wird als gefallen (Vgl. Römer 11,22.) bezeichnet: „So frage ich nun: Sind sie gestrauchelt, damit sie fallen? Das sei ferne! Sondern durch ihren Fall ist den Heiden das Heil widerfahren, damit Israel ihnen nacheifern sollte.“ (Römer 11,11 Lu 84)
Genau hier findet sich die Aufgabe Israels, um ihre einstige Erwählung festzumachen. Die Bibelverse müssen im Kontext verstanden werden. Einerseits: „Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er zuvor erwählt hat. …“ (Römer 11,2) und andererseits: „Denn »wer den Namen des Herrn anruft, wird selig werden« (Joel 3,5). Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben?“ (Römer 10,13.14 Lu 17) Die Israeliten wurden „ausgebrochen um ihres Unglaubens willen.“. (Römer 11.20)
Israels Hoffnung
Die Segenshand bleibt dem Volk Israel ausgestreckt, denn „ …. nach der Erwählung sind sie Geliebte um der Väter willen. Denn Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen.“ (Römer 11,28.29. Lu 17)
Der Blick der Heidenchristen sieht die Juden in der damaligen, bis heute andauernden Lage: „Nach dem Evangelium sind sie zwar Feinde … (Römer 11,28) Das jüdische Volk verwarf den Messias. Gott ließ dies zu „um euretwillen“ (Vers 28). Hier sind alle Nichtjüdischstämmigen, die Heiden, gemeint. „durch ihren Fall ist den Heiden das Heil widerfahren…“ (Römer 11,11) Die Verwerfung Israels wird als „Versöhnung der Welt“ bezeichnet. (Römer 11,15)
Paulus sieht als ein Ziel, „ob ich vielleicht meine Stammverwandten eifersüchtig machen und einige von ihnen retten könnte. Denn wenn ihr Verlust Versöhnung der Welt ist, was wird ihre Annahme anderes sein als Leben aus den Toten! Ist die Erstlingsgabe vom Teig heilig, so ist auch der ganze Teig heilig; und ist die Wurzel heilig, so sind auch die Zweige heilig.“ (Römer 11,14)
Dieser Wunsch allein zeigt schon, dass es zumindest zu diesem Zeitpunkt keine allgemeine Erlösung Israels gab. „Einige retten … aus den Toten“ beschreibt den Zustand ohne Christus. Dieser Zustand kann auch auf die Ölbaum-Metapher angewandt werden. Doch deren Hauptaussage ist eine andere.
Paulus gebraucht das Bild eines Ölbaumes, um das Verhältnis von Heiden- und Judenchristen zueinander aufzuzeigen. (Vgl. Römer 11,17-24.) Mitunter wird aus diesem Vergleich herausgelesen, Israel sei nach wie vor das auserwählte Volk auch des Neuen Bundes.
„Die jüdisch-messianische Theologie beruft sich v. a. auf Röm 11,17-24. Aus dem Bild vom Ölbaum und seinen Zweigen ergebe sich, dass zwar die nichtmessianischen Juden als ,herausgebrochene Zweigeʻ nicht in der Gnade ständen, dass jedoch Israel als Volk auch im Zeitalter des Neuen Bundes der ,Ölbaumʻ und damit das Bundesvolk bleibe.
Wäre dies anders, so hätte Paulus in Röm 11,17 von einem Ölbaum sprechen müssen, dessen Wurzeln, Stamm und Zweige allesamt tot sind und von autonom lebenden wilden Ölzweigen. Aber dieses Argument sollte man nicht überbewerten, da es Paulus in seinem Bild vom Ölbaum in erster Linie darum ging, die Verbundenheit der christlichen Gemeinde mit der „Wurzel“ Israel aufzuzeigen und die Heidenchristen vor Überheblichkeit zu warnen.“ (https://bibelbund.de/2015/02/israels-heilsgeschichtliche-gegenwart-und-zukunft/ Aufruf: 31.1.21)Der Zustand der abgebrochenen Zweige ist derart, dass Paulus hofft, er könne „Einige retten … aus den Toten“. (Vgl. Römer 11,14.15.)
Welche Fakten können wir aus der Ölbaum-Symbolik festhalten?
„Die Heidenchristen werden verglichen mit Zweigen, die in diesen Ölbaum eingepfropft worden sind. Sie gehörten also ursprünglich nicht zu dieser Erwählungsgeschichte. Die Juden werden verglichen mit Zweigen, die herausgebrochen wurden, die aber jederzeit, wenn sie den Christusglauben annehmen, wieder eingepfropft werden können. Die Superioritätsansprüche der Heidenchristen werden in dreifacher Weise zurückgedrängt:
a)Röm 11,22: Es steht in Gottes Freiheit, auch Heidenchristen jederzeit wieder als Zweig abzuschlagen;
b)Röm 11,23: Es steht in Gottes Freiheit und Macht, abgeschlagene Zweige, hier also die Juden, wieder einzupfropfen;
- c) grundsätzlich gilt das Bild Röm 11,18: Nicht du – ad vocem Heidenchrist – trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.“
(https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/roemerbrief/ch/ 971574b925f3a365fe2c6b89b56b65a8/ Aufruf: 31.1.21)
Israels Hoffnung besteht also im Wiedereinsetzen, hier demonstriert als Einpfropfen, in den „edlen Ölbaum“, um gemeinsam mit allen Gläubigen, die ehemals Heiden waren, Gottes Barmherzigkeit zu erlangen. (Vgl. Römer 11,24; 9,24.)
Wann wird Israel Gnade erfahren?
- „wenn sie nicht im Unglauben bleiben“ (Römer 11,23)
- „Bis die Fülle der Heiden zum Heil gelangt ist.“, denn „Verstockung ist einem Teil Israels widerfahren.“ (Römer 11,25)
„das hier für ,Verstockungʻ verwendete Wort ,porosis ʻ (ist) identisch ist mit dem in Röm 9,17 und Hebr 3,13 verwendeten Wort. In diesen beiden Parallelstellen bezieht es sich eindeutig auf den Ausschluss von der Errettung bzw. auf den Verlust des Heils. ,Verstockungʻ in diesem Sinne bedeutet eine geistliche Verhärtung, die eine Bekehrung zu Jesus Christus unmöglich macht. Andererseits beruht diese Verstockung nicht darauf, dass Gott die Verstockten von vornherein vom Heil ausschließen wollte, sondern – wie auch ansonsten, z. B. beim Pharao, – darauf, dass sie auf den ein- oder mehrmaligen Anruf Gottes ablehnend oder sogar feindselig reagiert hatten.“ (https://bibelbund.de/2015/02/israels-heilsgeschichtliche-gegenwart-und-zukunft/ Aufruf: 31.1.21)
Was Paulus ausdrückt, kann so verstanden werden, dass am Ende kein Unterschied da sein wird: „Denn Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme.“ (Römer 11,32.) Dann nämlich sind alle Gläubigen Israel – das geistliche Israel, das sich nicht auf eine körperliche Abstammung beruft, sondern auf die Nachfolge Jesu.
Das Volk Gottes im Neuen Bund ist eine einheitliche Gemeinde. Eine Spaltung in Juden- und Heidenchristen findet in der neutestamentlichen Gemeindedefinition keinen Platz.
„Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus. Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Nachkommen und nach der Verheißung Erben.“ (Galater 3,26-29)
„Jetzt aber in Christus Jesus seid ihr, die ihr einst fern wart, nahe geworden durch das Blut Christi. Denn er ist unser Friede, der aus beiden eins gemacht hat und hat den Zaun abgebrochen, der dazwischen war, indem er durch sein Fleisch die Feindschaft wegnahm. … Und er ist gekommen und hat im Evangelium Frieden verkündigt euch, die ihr fern wart, und Frieden denen, die nahe waren. Denn durch ihn haben wir alle beide in einem Geist den Zugang zum Vater. So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, auf welchem der ganze Bau ineinandergefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn. Durch ihn werdet auch ihr mit erbaut zu einer Wohnung Gottes im Geist.“ (Epheser 2,13-22)
„Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt.“ (1. Korinther 12,13)
Der Vorteil Israels
Paulus beschreibt die Israeliten als „denen die Kindschaft gehört und die Herrlichkeit und der Bund und das Gesetz und der Gottesdienst und die Verheißungen“. Damit nicht genug: „denen auch die Väter gehören und aus denen Christus herkommt nach dem Fleisch, der da ist Gott über alles, gelobt in Ewigkeit. Amen.“ (Römer 9,4.5)
Sämtliche Vorrechte und Gaben hatten die Juden privilegiert, den Messias zu erkennen und anzunehmen. „Als natürliche Zweige“ nennt Paulus die Israeliten jene, die an den „edlen Ölbaum“ gehörten, die niemals hätten abgehauen werden müssen, wenn sie Christus angenommen hätten. Dahingehend kann die Einladung, an das Evangelium zu glauben, als „den Juden zuerst“ (Vgl. Römer 1,16.), so verstanden werden, dass sie das Fundament des Glaubens schon hatten. Aus ihnen und zu ihnen kam der Erlöser. Sie hörten und sahen seine Wunder zuerst. Dennoch öffnete sich vorerst nur eine Minderheit dem christlichen Glauben. Doch generell könnten Juden leichter wieder anwachsen am Baum, d. h. sie könnten am Vorhandenen aufbauen und in Christus die Erfüllung der Prophezeiung erkennen. Dass genau dies eines Tage geschehen könnte, drückt der Römerbrief aus, wenn er über Israel schreibt: „Wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist, was wird ihre Annahme anderes sein als Leben aus den Toten!“ (Römer 11,15)
Der Weg zu dieser Erkenntnis wird so beschrieben:
„Und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben steht (Jesaja 59,20; Jeremia 31,33): »Es wird kommen aus Zion der Erlöser; der wird abwenden alle Gottlosigkeit von Jakob. Und dies ist mein Bund mit ihnen, wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde.« Nach dem Evangelium sind sie zwar Feinde um euretwillen; aber nach der Erwählung sind sie Geliebte um der Väter willen. Denn Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen. Denn wie ihr einst Gott ungehorsam gewesen seid, nun aber Barmherzigkeit erlangt habt wegen ihres Ungehorsams, so sind auch jene jetzt ungehorsam geworden wegen der Barmherzigkeit, die euch widerfahren ist, damit auch sie jetzt Barmherzigkeit erlangen.“ (Römer 11,26-31)
Die Botschaft an das Volk Israel lautet heute wie damals, als die Apostel zum Hohen Rat der Juden sprachen: „Der Gott unsrer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr an das Holz gehängt und getötet habt. Den hat Gott durch seine rechte Hand erhöht zum Fürsten und Heiland, um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu geben.“ (Apostelgeschichte 5,30.31)
„Petrus, voll des Heiligen Geistes, sprach zu ihnen: Ihr Oberen des Volkes und ihr Ältesten! … so sei euch allen und dem ganzen Volk Israel kundgetan: Im Namen Jesu Christi von Nazareth, den ihr gekreuzigt habt, den Gott von den Toten auferweckt hat; durch ihn steht dieser hier gesund vor euch. Das ist der Stein, von euch Bauleuten verworfen, der zum Eckstein geworden ist. Und in keinem andern ist das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden.“ (Apostelgeschichte 4,8-12)
„Du aber stehst fest durch den Glauben“ (Römer 11,20)
Das ist das Wunder des Evangeliums, „ … dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (Johannes 3,16)
Martin Luther liebte den Inhalt des Römerbriefes. „In der Vorrede zu der ,Epistel von St. Paulus an die Römerʻaus dem Jahr 1522 schreibt Martin Luther: ,Diese Epistel ist das eigentliche Hauptstück des Neuen Testaments und das allerlauterste Evangelium. Sie ist es wohl würdig und wert, dass sie ein Christenmensch nicht nur von Wort zu Wort auswendig wisse, sondern dass er auch täglich damit als mit täglichem Brot der Seele umgehe. Denn sie kann nimmer zu viel und zu gründlich gelesen oder betrachtet werden. Je mehr sie behandelt wird, umso köstlicher wird sie und schmeckt sie.ʻ“
(https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/roemerbrief/ch/ 971574b925f3a365fe2c6b89b56b65a8/ Aufruf: 31.1.21)
Jeder Mensch ist eingeladen, zum geistlichen Volk Israel zu gehören.
„So hat er auch uns berufen, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Heiden. Wie er denn auch durch Hosea spricht (Hosea 2,25; 2,1): »Ich will das mein Volk nennen, das nicht mein Volk war, und meine Geliebte, die nicht meine Geliebte war.« »Und es soll geschehen: An dem Ort, da zu ihnen gesagt wurde: Ihr seid nicht mein Volk, sollen sie Kinder des lebendigen Gottes genannt werden.« Jesaja aber ruft aus über Israel (Jesaja 10,22): »Wenn auch die Zahl der Israeliten wäre wie der Sand am Meer, so wird doch nur der Rest gerettet werden;“ (Römer 9,25-27)
Paulus widerlegt den Automatismus des Gerettetseins aus dem Anspruch heraus, von Abraham abzustammen., „Denn nicht alle sind Israeliten, die von Israel stammen; auch nicht alle, die Abrahams nachkommen sind, sind darum seine Kinder. …“ (Römer 9,6.7)
„In den meisten der … neutestamentlichen Stellen geht es nicht um die historische Gestalt Abrahams oder auch die biblischen Geschichten, sondern um Abraham als Chiffre für die Zugehörigkeit zum Volk Gottes.“
(https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/abraham-2/ch/daa65e3f6a4e4268 3cfef1808bb73fb1/#h31 Aufruf: 31.1.21)
„Auch wenn Israel als Nation versagt hatte, sollte doch eine stattliche Menge daraus gerettet werden. Zur Zeit der Geburt des Erlösers gab es fromme Männer und Frauen, die mit Freuden die Botschaft Johannes des Täufers aufgenommen hatten und dadurch veranlasst worden waren, die Prophezeiungen auf den Messias neu zu durchforschen. Als dann die erste Christengemeinde gegründet wurde, setzte sie sich aus diesen frommen Juden zusammen, die Jesus von Nazareth als den aufnahmen, dessen Erscheinen sie sehnlichst erwartet hatten. Auf diese Übriggebliebenen bezieht sich Paulus, wenn er schreibt: „Ist die Erstlingsgabe vom Teig heilig, so ist auch der ganze Teig heilig; und wenn die Wurzel heilig ist, so sind auch die Zweige heilig.“ (Römer 11,16). …
Israel als Nation hatte durch seinen Unglauben und seine Ablehnung der Ziele, die ihm der Himmel gesteckt hatte, seine Verbindung zu Gott verloren. Aber die Zweige, die vom Wurzelstock getrennt worden waren, konnte Gott mit dem wahren Wurzelstock Israels wieder vereinigen — den Übrigen, die dem Gott ihrer Väter treu geblieben waren.“ (E.G. White, Gute Nachricht für alle (2009), S. 223)
Die Übrigen werden in der Offenbarung unabhängig ihrer Nationalität beschrieben: „… die übrigen von ihrem Geschlecht, die Gottes Gebote halten und haben das Zeugnis Jesu.“ (Offenbarung 12,17)
Jeder, auch jeder Mensch aus dem Volk der Juden und jüdischen Glaubens, ist persönlich eingeladen: „ … Komm! Und wer es hört, der spreche: Komm! Und wen dürstet, der komme; und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst.“ (Offenbarung 22,17) Jesus Christus spricht; „wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Waser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, ,das in das ewige Leben quillt.“ (Johannes 4,14)
Ines Müller
Der Beitrag erschien in Der Sabbatwächter 2023-1.