Gottes zarte Liebe für den Menschen
20. Februar 2020Die Suche nach Glück
20. Februar 2020Gottfried Locher beschreibt uns Schafe so:
„In meiner Heimat, der Schweiz, leben die Schafe nicht in der Wüste, sondern in den Bergen. Hoch oben auf den Alpen, bis gegen 2000 Meter über Meer, da grasen die Schafe im Sommer. Die Weideplätze liegen oft an Steilhängen, manchmal gleich neben Felswänden und Schluchten. Zwar sind einige Wiesen umzäunt, aber oft führen Wege durch die Weiden, und die Wanderer vergessen, das Gatter zu schließen. Oder umgefallene Bäume reißen den Zaun nieder, so dass die Schafe entweichen können. Aber warum sollten sie? Jenseits der Weiden ist der Boden so steinig, dass es wenig zu fressen gibt. Und eben: jenseits der Weideplätze ist das Gelände nicht mehr sicher. Immer wieder kommt es vor, dass Tiere abstürzen. Ich erinnere mich, wie ich als kleiner Bub auf einer Wanderung ein totes Schaf sah, das sich wohl verirrt hatte, vom Weg abkam und dann über den Felsen hinausstürzte. Vielleicht hatte niemand sein Verschwinden bemerkt, bevor es Abend wurde, und in der Dunkelheit sah es dann die Gefahr nicht mehr. …
Schafe sind keine sehr klugen Tiere. Zwar wissen sie, wo es ihnen gut geht, aber sie wissen nicht, wo es gefährlich wird. Sie können sich leicht verirren auf ihrer Suche nach saftigem Gras.“ (http://www.reformiert-info.de/1736-0-84-9.html)
Diesen letzten Gedanken wollen wir festhalten und später darauf zurückkommen:
Schafe wissen, wo es ihnen gut gehet, aber nicht, wo es gefährlich ist.
Versetzen wir uns mal in die Lage eines Schafes – das Gleichnis beschreibt schließlich Menschen in dieser Symbolik. Was könnte dazu führen, sich zu verirren und verloren zu gehen?
Vielleicht…
– hat das Schaf gemütlich vor sich hingeträumt und nicht auf den Hirten geachtet. Es blickte nur auf das Gras statt auf den Hirten. Dabei kam es auf einen falschen Weg.
– sah das Schaf hinter den Büschen am Wegrand eine viel grünere Wiese und dachte: „Da will ich hin!“
– hörte das Schaf entferntes Vogelgezwitscher und Bienensummen, war davon fasziniert und lief den munteren Stimmen nach.
– meinte das Schaf: „Ich habe so starke Beine. Damit kann ich viel schneller und weiter laufen.“, und schwupps war es weg.
– langweilte sich das Schaf bei den anderen Schafen. „Ach, die kenne ich ja alle schon. Ich brauche neue Freunde.“ – und die suchte es sich dann.
– hatte das Schaf keine Lust mehr, immer diesem einen Hirten zu folgen. „Mal sehen, ob es noch andere Hirten gibt. Vielleicht ist es da besser.“
– fühlte sich das Schaf zu wenig beachtet unter so vielen Schafen. „Die anderen brauchen mich nicht. Die vermissen mich nicht.“
– war das Schaf einfach ein bisschen langsam. Es lief immer ganz hinten in der Herde. Der Abstand zu den anderen Schafen wurde allmählich größer und auf einmal sah es die anderen nicht mehr.
– war das Schaf sogar krank. Es fühlte sich nicht gut und ließ sich unter einem Gebüsch zum Ausruhen nieder. Als es wieder aufwachte, waren plötzlich alle weg.
– wurde das Schaf von einem anderen Schaf oder sogar Feind weggelockt: „Hallo, komme mit mir! Ich verspreche dir tolle Abenteuer.“ – und das Schaf lief einfach mit.
– war das verlorene Schaf ein schwarzes Schaf, also es hatte eine andere Fellfarbe und fühlte sich nicht richtig akzeptiert. Darum ging es auf die Suche nach anderen schwarzen Schafen.
– war das Schaf aber auch „ein schwarzes Schaf“ im sprichwörtlichen Sinn. Es war irgendwie anders, hatte andere Gedanken, verhielt sich etwas anders als die anderen und wurde von der Herde gemieden. Darum lief es traurig fort.
– gibt es mehr Gründe als wir uns vorstellen können.
All diese Gründe können wir uns lebhaft in ihrer Symbolkraft vorstellen und in unser menschliches Leben interpretieren.
„Ein Schaf, das sich von der Herde verirrt hat, ist ein völlig hilfloses Geschöpf; der Schäfer muss es suchen, denn allein findet es nicht zurück. So ist es auch mit einem Menschen, der sich von Gott entfernt hat. Er fände den Weg zu Gott nimmermehr, wenn dessen Liebe ihn nicht rettete. …
Wenn das verlorene Schaf nicht zur Herde zurückgebracht wird, irrt es so lange umher, bis es umkommt.“ (E.G. White, Christi Gleichnisse, S. 128.131)
Welch furchtbare Beschreibung! Schafe sind allein nicht lange überlebensfähig. Sie brauchen einen Hirten, der sie führt. Schafe brauchen Betreuung und ihre Wolle muss geschoren werden.
„Das verlorene Schaf weiß, dass es verloren ist. Es hat den Hirten und die Herde verlassen und kann allein nicht zurückfinden. Es steht für diejenigen, die sich ihrer Gottesferne bewusst sind und sich gedemütigt und arg versucht im Nebel geistlicher Verwirrung verlaufen haben. … Das Schaf trennte sich von der Herde und irrte in der Wildnis oder auf den Bergen umher. … “ (ebd. S. 133)
Jesus erzählt uns das Gleichnis vom verlorenen Schaf nicht, damit wie eine Schäfer-Ausbildung absolvieren oder Schaf-Psychologie studieren sollen. Dieses Gleichnis zeigt uns Jesu Liebe, sein Wirken für uns – und gleichzeitig unseren Auftrag.
„Das Gleichnis vom verlorenen Schaf stellt die wunderbare Liebe Christi für Menschen dar, die vom rechten Wege abgeirrt sind. Er will nicht nur bei denen bleiben, die seine Erlösung annehmen, und auf sie all sein Bemühen verwenden, um ihre Dankbarkeit und Liebe zu ernten. Der wahre Hirte verlässt die Herde, die an ihm hängt, und geht hinaus in die Wüste; er nimmt Mühsal, Gefahr und Tod auf sich, um das Schaf zu suchen und zu retten, das sich von der Herde entfernt hat und umkommen muss, wenn es nicht zurückgebracht wird. Wenn der Hirte das Verlorene nach gründlichem Suchen gefunden hat, überlässt er es trotz Ermüdung, trotz Schmerzen und Hunger nicht dem Schaf, ihm zu folgen; er treibt es auch nicht vor sich her, sondern – o wunderbare Liebe! – nimmt es zärtlich in seine Arme, legt es auf seine Schulter und trägt es zur Herde zurück. Dann ruft er seine Nachbarn zusammen, dass sie sich mit ihm freuen, weil das Verlorene gefunden ist.“ (E.G. White, Aus der Schatzkammer der Zeugnisse, Band 2, S. 221)
Verirrte Schafe befinden sich meist in einer misslichen Lage. Im Sommer 2011 verirrten sich drei Schafe in Bünde in einer Baugrube. Spätestens in der Grube werden sie bemerkt haben, dass dies keine saftige Wiese ist.
Es gibt aber auch Geschichten, in denen die Schafe derart durcheinander sind, dass sie keine Rettung annehmen wollen und dagegen ankämpfen:
„Sechs Schafe verirren sich auf A43 14.07.2008 | 19,12 Uhr
Einige Autofahrer trauten am Montagmorgen ihren Augen nicht. Gegen 9.10 Uhr sahen sie zwischen Sprockhövel und Herbede Schafe auf der A 43.
Die alarmierte Polizei leitete einen „künstlichen Stau” ein und drängte die sechs Schafe an den Straßenrand. Die Tiere versuchten immer wieder auf die Fahrbahn zu laufen, so dass die Fahrbahn in Richtung Münster für etwa eine Stunde gesperrt werden musste. Von einem nahe gelegenen Bauernhof konnte der Pferdeanhänger einer 24-jährigen Wittenerin in Anspruch genommen werden. Mit Hilfe der Feuerwehr Ennepe wurden die Schafe unter heftiger Gegenwehr in den Anhänger getragen. Da ein Tierhalter bislang nicht ermittelt werden konnte, mussten die Schafe in ein Tierheim gebracht werden.“ (http://www.derwesten.de/staedte/witten/sechs-schafe-verirren-sich-auf-a43-id1120133.html)
Auch diese Begebenheit hat Symbolcharakter. Hier haben wir den eingangs beschriebenen Gedanken: Schafe wissen nicht, wo es gefährlich für sie ist. Wie oft sehen wir Menschen in Gefahr, die sich nicht helfen lassen wollen! Vielleicht würden wir auch manchmal gern einen Pferdeanhänger holen … Das verlorene Schaf wurde auch erst heimgetragen, als es nicht mehr selbst weiterwusste und -konnte. Es war ausgehungert, verletzt und dem Tode nahe. Diesem Schaf kam die Rettung willkommen. Es hätte gar keine Kraft zur Gegenwehr gehabt. Wozu auch? Dass sein Irrweg kein guter Weg war, hatte es jetzt selbst erkannt. Kraft zur selbstständigen Umkehr hatte es nicht mehr und es hätte den Weg auch nicht gewusst und nie allein gefunden.
Die Schafe auf der Autobahn blieben vorerst herrenlos und damit hirtenlos. Ein Notbehelf in einem Tierheim wurde gefunden. Wir dürfen uns darüber freuen, dass alle wiedergefunden Menschen einen Hirten haben, der sie selbst heimtragen möchte! Bei verlorenen Haustieren gibt es ein System des Wiederfindens per Chip und Nummer. Tasso heißt der Verein, der sich um „verlorene Schafe“ unter den Haustieren kümmert. Bei unserem Hund verrät also eine Nummer sein Zuhause. Und bei uns Menschen? Kennen wir unseren Hirten? Jesus sagt:
„Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.“ Johannes 10,27.28.
Es ist gefährlich, gedankenlos den Weg entlang zu trotten, den Blick immer auf das Futter gerichtet und sich nicht am Hirten zu orientieren. Das kann uns auch passieren, wenn wir nur an unsere alltäglichen Bedürfnisse und Sorgen denken und Jesus aus dem Auge verlieren.
„… lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens.“ Hebräer 12,1.2.
Jesu Auftrag für uns
Im Gleichnis kam der Hirte selbst. Jesus möchte uns als seine Werkzeuge gebrauchen – als Seine Augen, die nach den Verlorenen suchen, als Seine Ohren, die darauf hören wenn sich jemand zu entfernen droht, als Seine Füße, die den Irrenden nachgehen, als Seine Hände, die den Verletzten die Hand reichen, als Seine Lippen, die den Verzagten Trost spenden und den Weg zum Heiland weisen und als der lebendige Ausdruck Seines liebenden Herzes, der sie Verlorenen als Gefundene freudig aufnimmt.
Besser als in den Zeugnissen von E.G. White ist unser Auftrag nicht zu beschreiben:
„Aber unter uns besteht ein Mangel an tiefer, ernster und herzlicher Teilnahme und Liebe für versuchte und irrende Menschen. Viele haben eine große Kälte und sündhafte Nachlässigkeit an den Tag gelegt; Jesus hat es als Vorübergehen auf der andern Straßenseite bezeichnet, wenn jemand sich von denen, die der Hilfe am meisten bedürfen, möglichst fernhält. Die neubekehrte Seele hat oft schwer gegen eingewurzelte Gewohnheiten oder bestimmte Versuchungen zu kämpfen. Wenn sie einer herrschenden Leidenschaft oder Neigung erliegt, macht sie sich einer Unbesonnenheit oder eines tatsächlichen Unrechts schuldig. Gerade dann sind Tatkraft, Takt und Weisheit seitens ihrer Brüder nötig, um sie wieder geistlich gesunden zu lassen. Auf solche Fälle beziehen sich die Unterweisungen des Wortes Gottes: „Liebe Brüder, so ein Mensch etwa von einem Fehler übereilt würde, so helfet ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist ihr, die ihr geistlich seid und siehe auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest.“ Galater 6,1. „Wir aber, die wir stark sind, sollen der Schwachen Gebrechlichkeit tragen und nicht Gefallen an uns selber haben.“ Römer 15,1.
Aber wie wenig legen Christi angebliche Nachfolger das liebevolle Mitgefühl des Heilandes an den Tag! Fehlt jemand, so nehmen sich andere nur zu oft die Freiheit, den Vorfall so schlimm wie möglich darzustellen. Leute, die vielleicht ebenso großer Sünden auf anderem Gebiet schuldig sind, behandeln ihren Bruder mit grausamer Strenge. Verirrungen, die durch Unwissenheit, Gedankenlosigkeit oder Schwachheit entstanden sind, werden zu absichtlichen und mutwilligen Sünden aufgebauscht. Irrt jemand vom rechten Wege ab, dann schlagen manche die Hände zusammen und sprechen: „Ich habe es ja gesagt! Ich wusste es ja, dass man sich auf sie nicht verlassen konnte!“ Sie verhalten sich also wie Satan. Sie frohlocken innerlich, weil sich ihr böser Argwohn als berechtigt erwiesen hat.
Wir müssen damit rechnen, bei jungen und unerfahrenen Gliedern der Gemeinde große Unvollkommenheiten zu finden und sie darin zu tragen. Christus hat uns geboten, ihnen mit demütigem Geist zurechtzuhelfen; er wird uns zur Verantwortung ziehen, wenn wir einen Weg einschlagen, der sie in Entmutigung, Verzweiflung und ins Verderben treibt. Wenn wir nicht täglich die kostbare Pflanze der Liebe pflegen, stehen wir in Gefahr, engherzig, gefühllos und tadelsüchtig zu werden, in Frömmelei zu verfallen und uns selbst für gerecht zu halten, während wir weit davon entfernt sind, Gott zu gefallen. Gar manche sind unhöflich, schroff und barsch. Sie gleichen stacheligen Kastanienschalen und stechen, sobald man sie berührt. Solche Menschen richten unübersehbaren Schaden an, indem sie den liebenden Heiland verzerrt darstellen.
Wir müssen zu einem höheren christlichen Verhalten kommen, sonst sind wir unwürdig, den Namen Christi zu tragen. Wir sollten den Geist pflegen, in dem Christus sich mühte, Irrende zu retten. Sie sind ihm ebenso lieb wie wir. Sie können ebenso Siegeszeichen seiner Gnade und Erben seines Reiches werden. Aber sie sind den Fallstricken eines verschlagenen Feindes, Gefahren und Besudelungen ausgesetzt und gehen ohne die bewahrende Gnade Christi dem sicheren Verderben entgegen. Könnten wir das im rechten Lichte sehen, wie sehr würde dann unser Eifer belebt werden! Mit wie viel mehr Ernst und Aufopferung würden wir uns dann bemühen, all jenen nahezukommen, die unsres Beistandes, unsrer Gebete, unsres Mitgefühls und unsrer Liebe bedürfen!“ (Schatzkammer Band 2, S. 222.223.)
„Wie schwerwiegend die Verkehrtheiten und Sünden der Irrenden auch sein mögen, unsere Brüder müssen lernen, nicht nur das Zartgefühl des großen Seelenhirten zu offenbaren, sondern auch seine unermüdliche Sorge und Liebe für die armen, abgeirrten Schafe. …
Es scheint mir, dass der Herr an die Irrenden, die Schwachen und Zitternden und selbst an jene, die von der Wahrheit abgefallen sind, einen besonderen Aufruf ergehen lässt, sich der Herde völlig anzuschließen. …
Als das verlorene Schaf gefunden worden war, wurde es mit Freuden nach Hause getragen, und viel Freude folgte. Dies illustriert die gesegnete, frohe Arbeit zugunsten der Irrenden. Eine Gemeinde, die dieses Werk erfolgreich in Angriff nimmt, ist eine glückliche Gemeinde. Jener Mann und jene Frau, die sich voll Liebe und Mitleid der Irrenden annehmen, und die arbeiten, um sie zur Herde des großen Hirten zurückzubringen, tun ein segensreiches Werk.“ (E.G. White, Zeugnisse Band 2, S. 24-27)
Lasst uns Ausschau halten, nach denen, die sich von der Gemeinde abgewandt haben und in unseren Reihen fehlen – aus welchen Gründen auch immer. Sucht und besucht sie! Lasst sie wissen, dass Jesus ihnen nachgeht und wir sie gern wieder unter uns hätten. Bereitet ihnen den Weg zurück! Nehmt sie an die Hand, freudig und liebevoll! Seid das würdige Werkzeug des Guten Hirten Jesus Christus!