Depressionen im Alter
20. Februar 2020Nicht nur Luthers Idee …
20. Februar 2020Vor einigen Jahren wurde der Haushalt einer betagten Verwandten aufgelöst. Alles was sie mühsam zusammengetragen hatte, wofür sie bezahlte, was ihr wertvoll erschien, woran sie sich erfreute, war plötzlich nicht mehr da. Außer wenigen Kleidungsstücken blieb ein Pappkarton voller persönlicher Unterlagen und einiger Fotos übrig. Mit diesen wenigen Dingen kam sie in unserer Nähe in ein Seniorenheim. So war es ihr Wunsch. Ich habe mit unserem Sohn Christoph diesen Karton sortiert, alles auf dem Teppich ausgebreitet und Aktenordner angelegt. Nachdenklich und deprimiert schauten wir auf dieses Sammelsurium von Papieren. Von einer kompletten Wohnung und irgendwie von einem aktiven Leben blieben nur diese Zettel übrig.
Inzwischen besuchten wir unsere Tante im Altenheim. Auch hier hatte sich ihr Lebensradius stetig verkleinert. Während wir zuerst dachten: „Ach, nun hat sie nur noch ein Zimmer.“, spielte sich jetzt das Leben zum großen Teil nur noch im Pflegebett ab. Wir ließen immer etwas „den Kopf hängen“ wenn wir von einem Besuch bei ihr kamen.
Denke weiter!
Mein Mann kannte seine Tante noch aus „guten Tagen“. Sie war ein lebenslustiger, fröhlicher Mensch, der viele Haustiere um sich scharte. Sie schrieb Gedichte und konnte vier Sprachen. Ihr langes Leben hatte auch schwere Zeiten, sie ging durch Krieg und Zwangsarbeit und Wegzug aus der Heimat. Manche ihrer Wünsche werden sich nicht erfüllt haben, über anderes durfte sie sich freuen.
Ob sie an das Alter gedacht hat, als sie in den Vierzigern war? Wer tut das schon? Wir schieben den Gedanken gern weit von uns.
Der Psalmist David muss ans Älterwerden gedacht haben und er bat Gott:
„Herr, lehre mich doch, dass es ein Ende mit mir haben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss.“Psalm 39,5
Eine ernsthafte Bitte
Davids Bitte schlägt einen sehr nachdrücklichen, fast fordernden Ton an. Er sagt nicht: „Herr, wenn dir so ist und du meinst es könnte gut sein, kannst du ja mal so gelegentlich …“ Nein, „Herr, lehre mich doch“ beschreibt eine große Wichtigkeit und Eile. Nicht irgendwann, so kurz vor dem Sterbebett, mögen wir das Ende bedenken, sondern heute. „Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet …“ Hebräer 3,7
Ein unausweichliches Ende
Zu den wenigen gerechten Dingen auf dieser Welt gehört, dass alle, Arme und Reiche, Gute und Böse, Glückliche und Unglückliche, einmal sterben müssen. Nun sollten wir sicher nicht in Panik verfallen, andererseits können wir auch nicht dahin leben, als träfe der Tod immer nur die Anderen. Manche Menschen bereiten sich in bestimmten Situationen auf ihren Tod vor, z. B. wenn der Arzt eine unheilbare Erkrankung feststellt oder etwas sehr Gefährliches vor einem liegt (schwere Operation, Gefahr im Krieg …). So wird dann ein Testament gemacht, Schulden bezahlt, man sucht Frieden in der Familie, bittet Streitpartner um Verzeihung und versucht manch Unerledigtes zu ordnen. Nicht zuletzt wird Frieden mit Gott gesucht. Das ist alles richtig – aber das kann und darf schon heute bei jedem von uns geschehen!
„Weiht euch und eure Kinder jeden Morgen aufs Neue dem Herrn. Plant nicht über Monate und Jahre im Voraus, denn sie gehören euch nicht. Nur ein kurzer Tag ist euch gegeben. Wirkt während dieser Stunden so für den Meister, als wäre es euer letzter Tag auf Erden. Breitet all eure Pläne vor Gott aus und seht, ob ihr sie nach seiner Vorsehung ausführen oder aufgeben sollt. Akzeptiert seine Pläne an Stelle eurer eigenen, selbst wenn ihr durch ihre Annahme eure Lieblingspläne aufgeben müsstet.“ (E.G. White, Zeugnisse Band 7, Kapitel 9)
Ein Ziel ist besser als das Ende
Wer an einem Marathon teilnimmt, möchte am Ziel ankommen. Der Läufer sehnt sich nach dem Ziel als dem eigentlichen Sinn seines Laufes. Er wird nicht jammern: „Ach, nun ist alles aus!“ Nein: „Jetzt habe ich es geschafft! Jetzt bin ich da, wo ich hinwollte!“
Wo wollen wir denn hin? Was ist unser Ziel des Lebensmarathons? Paulus weiß von sich: „Ich jedenfalls laufe nicht auf ein ungewisses Ziel…“ 1. Korinther 9,26; Luther 1975)
„… Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.“ Philipper 3,13.14.
Tragen wir eine tiefe Vorfreude auf die Ewigkeit in uns? Der Marathonläufer muss seinen Weg bewältigen und bis ans Ende seiner Kräfte gehen, aber er wird auch Freude empfinden. Was ihn antreibt und aufrecht hält, ist die Vorfreude und Sehnsucht nach dem Ziel.
Wahre Werte sind unvergänglich.
Diesem Satz werden viele zustimmen und doch unterschiedliches meinen. Der Schmuckhändler wird feststellen: „Gold, Silber und Edelsteine sind unvergänglich!“. Der Immobilienmakler wird seine Grundstücke als Wertanlage über Generationen betrachten und der Finanzberater hält seine Geldanlagen für wertbeständig und krisensicher.
Im Blick auf unsere Tante möchten wir behaupten: Wahre Werte sind solche, die noch im Alter und sogar vom Pflegebett ausstrahlen, die weder zu messen noch notariell vererbt, aber trotzdem weitergegeben werden können: ein zufriedenes, dankbares Herz, ein freundlicher Charakter, Ruhe und Frieden in Gott!
„Den Reichen von dieser Welt gebiete, dass sie nicht stolz seien, auch nicht hoffen auf den ungewissen Reichtum, sondern auf den lebendigen Gott, der uns dargibt reichlich, allerlei zu genießen; dass sie Gutes tun, reich werden an guten Werken, gern geben, behilflich seien, Schätze sammeln, sich selbst einen guten Grund aufs Zukünftige, dass sie ergreifen das wahre Leben.“ 1.Timotheus 6,17-19
… Paulus erklärt, dass es ein großer Gewinn ist, wenn jemand gottselig ist und sich genügen lässt. Obgleich Reiche ihr ganzes Leben dem einen Ziel widmen mögen, Reichtum zu erlangen, können sie, da sie bei ihrer Geburt nichts mit in die Welt brachten, auch bei ihrem Tod nichts mit hinausnehmen. Sie müssen sterben und alles zurücklassen, was sie so viel Arbeit gekostet hat. Sie haben alles aufs Spiel gesetzt, ihre ewigen Interessen, um dieses Eigentum zu erwerben, und haben beide Welten verloren.“ (E.G. White, Zeugnisse Band 2, Kapitel 94)
Wichtig ist, was bleibt.
„Ich möchte, dass etwas von mir bleibt.“ wünschen sich viele und unternehmen verschiedenste Dinge, um Bleibendes zu schaffen. Auch die Bibel spricht davon:
„Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel sagen: Schreibe: Glückselig die Toten, die von jetzt an im Herrn sterben! Ja, spricht der Geist, damit sie ruhen von ihren Mühen, denn ihre Werke folgen ihnen nach.“ Offenbarung 14,13
Damit wir an unvergänglichen, uns positiv nachfolgenden Werken arbeiten, wollen wir in den Zeugnissen nachlesen, was gemeint ist:
„Gottes Kinder sind seine Vertreter auf Erden, und er möchte, dass sie in der sittlichen Finsternis dieser Welt Licht ausstrahlen. In aller Welt sollen sie den Ungläubigen als seine Zeugen und Mittler die Erkenntnis des göttlichen Willens und die Wunder seiner Gnade ausbreiten. Jeder, der an der Erlösung Anteil hat, soll ein Sendbote für ihn sein. Denn die Frömmigkeit eines Christen ist oft der Maßstab, mit dem die Weltkinder das Evangelium messen. Geduldig ertragene Prüfungen, dankbar angenommene Segnungen, gleichbleibende Sanftmut, Freundlichkeit und tätige Nächstenliebe heißen diese Lichter, welche die Welt erhellen und den Gegensatz zur Finsternis bilden, die aus der Selbstsucht des natürlichen Herzens kommt.“ (E.G. White, Patriarchen und Propheten, Kapitel 12)
Wie möchte ich, dass sich nach meinem Tod die Menschen an mich erinnern? Schwester White beschreibt eine Gruppe leichtfertiger, selbstsüchtiger Menschen so: „Sie … werden nicht vermisst, denn sie waren niemand ein Segen.“ (E.G. White, Zeugnisse Band 2, Kapitel 62)
Wie können wir einander ein Segen sein?
In unserem Land hat doch jeder alles, was er braucht, oder? Jeder wird von einem staatlichen sozialen Netz aufgefangen und bekommt bei Bedarf Hilfe von allen möglichen Vereinen und Organisationen. Was kann ich da tun?
Ein großes Problem ist heute die Vereinsamung. Folgende Personengruppen sind besonders betroffen: Senioren, Studierende, Alleinerziehende, Strafgefangene, Ausländer beziehungsweise Migranten, chronisch Kranke und Behinderte, sehr alte Menschen, Arbeitslose, Hochbegabte, sogenannte „Musterschüler“ bzw. „Streber“. (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Isolation)
„…ich war krank, und ihr besuchtet mich; ich war im Gefängnis, und ihr kamt zu mir.“ Matthäus 25,36
Unter der Schlagzeile: „Fünf Jahre Hartz IV“ lesen wir im Internet:
„Kinderarmut in Deutschland auf Höchststand.
Rund 17 Prozent aller deutschen Kinder leben in Familien, die Hartz-IV-Leistungen erhalten. Besonders Alleinerziehende drohen zu verarmen.“ (http://www.welt.de/politik/article1109778)
„Denn mich hungerte, und ihr gabt mir zu essen; mich dürstete, und ihr gabt mir zu trinken; …Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich bekleidetet…“ Matthäus 25,35.36.
„Licht“ zu sein, ein freundliches Wort, eine helfende Hand, materielle Hilfe, Anteilnahme, Trost, Zuspruch, Rat – all dieses kann Bedürftigen zum Segen sein. Wir müssen nur mit offenen Augen und Ohren durchs Leben gehen. „Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag.“ Sprüche 3,27 Wenn auch unsere finanzielle Hilfe hauptsächlich im Ausland gebraucht wird, so nehmen die Nöte direkt vor unserer Haustür doch stetig zu, wie folgender Bericht belegt:
„Etwa ein Prozent der Eltern sind sozial völlig aus dem Ruder gelaufen, alkoholkrank, drogenabhängig, psychisch schwerst defizitär – das sind die, über deren Kindern täglich eine Katastrophe hängt“, sagte Hurrelmann der Wochenzeitung „Die Zeit“.
„Bei rund 800 000 Kindern pro Geburtsjahrgang sind das 8000 pro Jahrgang, ergo 80 000 hoch gefährdete Null- bis Zehnjährige bundesweit. Hinzu kommen rund 15 Prozent Eltern mit massiven Erziehungsproblemen, die vor allem infolge materieller Armut sehr schlecht zurechtkommen. Und rund ein Drittel aller Eltern hat erhebliche Schwierigkeiten mit der eigenen Mutter- oder Vaterrolle, mit vernünftigem Erziehungsverhalten und Haushaltsführung“, sagte Hurrelmann angesichts von Todesfällen wie Kevin aus Bremen oder Mehmet aus Zwickau.“ (http://www.focus.de/politik/deutschland)
„Lebenssatt oder Lebensmüde?“
„Unter dem Motto „Lebenssatt oder Lebensmüde?“ fand im November 1998 eine Tagung in Braunschweig für Mitarbeitende in der Altenpflege, der Hospizarbeit, für Studierende der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel und weitere Interessierte statt.“ (www.uni-protokolle.de) Die Frage des rechten Umgangs mit Alter und Sterben ist immer wieder aktuell. Von Abraham lesen wir, dass er alt und lebenssatt starb. (vgl. 1. Mose 25,8 Beneidenswert! Für wie viele Menschen kommt das Lebensende zu früh – selbst wenn sie schon betagt und gebrechlich sind! Sie sind nicht bereit.
Es ist die Situation einer Abschlussprüfung, bei der der Lehrer schon die Arbeiten einsammeln möchte. Doch der Prüfling ist noch nicht fertig. Panisch versucht er noch etwas aufzuschreiben, während die Hand des Lehrers schon nach dem Blatt Papier greift. Dabei hatte er genug Zeit gehabt. Hat er sie nicht wohlüberlegt genutzt? Wurde die erste halbe Stunde vertrödelt, weil man dachte: „Ich habe ja noch viel Zeit.“? Hat der Prüfling die Aufgabenstellung zu spät verstanden, ging er unvorbereitet in die Prüfung oder war sein Arbeitsmaterial nicht einsatzbereit? -So eine Prüfung ist unser ganzes Leben. Wie nutzen wir es? Sind wir vorbereitet für unsere Lebensaufgabe? Erkennen wir unsere Pflichten und Verantwortlichkeiten oder verschieben wir die Arbeit auf später? Wenn der große Prüfer Jesus Christus nach dem Bericht unseres Lebens greift (dem Prüfungspapier), können wir das dann frohen Herzens zulassen? Jesus sagt uns heute: „Siehe, ich komme bald und mein Lohn mit mir, einem jeden zu geben, wie seine Werke sind.“ Offenbarung 22,12
Wann ist es soweit?
Der Schöpfer hat es gnädig so eingerichtet, dass wir den Termin für unser Lebensende nicht kennen. Folgende Zahlen könnten die Jüngeren sich gemütlich zurücklehnen lassen:
„Den Berechnungen zufolge hat eine heute 60 Jahre alte Frau noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von 24,7 Jahren, wird also 84,7 Jahre alt. Ein heute 60-jähriger Mann sterbe nach 19,9 weiteren Jahren. Vor 50 Jahren lag die Lebenserwartung für 60-jähige Frauen noch bei 17,5, für 60-jährige Männer bei 16,2 Jahren. Von den im Jahr 2002 geborenen Mädchen werden der Universität zufolge voraussichtlich 50 Prozent ein Alter von 88,8 Jahren, 25 Prozent sogar mindestens das Alter von 93,8 Jahren erreichen.“ (www.3sat.de)
Doch andere Zahlen lassen uns aufschrecken:
„Der ADAC, der Automobilclub von Deutschland (AvD) und die Deutsche Verkehrswacht nannten die Tatsache, dass täglich 18 Menschen im Straßenverkehr ihr Leben verlieren, immer noch erschreckend. … Fast jeder Vierte (23 Prozent) der tödlich Verunglückten sei zwischen 18 bis 25 Jahren …“ (www.spiegel.de/auto)
„Ungefähr 1,8 Millionen Unfälle betreffen jährlich Kinder bis zu 14 Jahren (vgl. Deutsche Liga für das Kind). Kinder und Jugendliche sind insbesondere durch Verbrennungen, Ersticken sowie Ertrinken und sogar durch Unfälle mit Spielzeug gefährdet.
Jugendliche und Erwachsene erleiden Unfälle in Heim und Freizeit überwiegend mit Maschinen, Geräten und Sportartikeln.
Senioren sind häufig durch Sturzunfälle gefährdet. Diese werden meist durch im Weg stehende Gegenstände, falsche Schuhe oder ungeeignete Leitern und Tritte verursacht.
Im Jahr 2003 kamen in Deutschland 6.240 Menschen bei Haushaltsunfällen ums Leben. (Quelle: Statistisches Bundesamt).“ (www.vis.bayern.de)
„Meine Zeit steht in deinen Händen.“ Psalm 31,16
Gott führte unsere 88jährige, pflegebedürftige Tante in unsere Nähe, weil er Davids Bitte „Herr, lehre mich doch …“ auch für uns erfüllte. Inzwischen ist sie in Frieden eingeschlafen. Doch nicht nur an ihrem Grab denken wir daran, was sie uns lehrte.
Mögen wir alle vorbereitet sein und unsere Lebenspflichten erfüllt haben, wenn unsere Lebenszeit zu Ende ist.